Wie fast jedes Jahr zum Jahreswechsel kursieren in der Branche wieder zahlreiche widersprüchliche Gerüchte über eine Registrierkassenpflicht ab 2020 für jeden Tätowierer. Grund genug für uns, dieses Thema wieder aufzugreifen.
Registrierkassenpflicht?
Ja, ab 2020 gilt ein neues Kassengesetzt, welches jedoch im Wesentlichen bereits existierende Registrierkassen betrifft. Diese müssen nun den seit 2016 bekannten, stufenweise verschärften Anforderungen der Finanzbehörde entsprechen. Genaue Details hierzu erfahrt ihr von eurem Steuerberater bzw. Kassenhersteller. Eines vorweg: Es gibt eine Übergangsfrist bis 2022. Die wird schon allein deswegen nötig sein, da eigentlich ab 1.1.2020 gültige Registrierkassen ein Zertifikat besitzen müssen, jedoch seitens der Behörden die Zertifizierung für die Kassenhersteller noch gar nicht angeboten wird.
Wir arbeiten in unserem Studio also einfach mit der bestehenden Registrierkasse weiter und warten mit einer evtl. Neuanschaffung, bis Behörden und Hersteller soweit sind.
Selbständig tätige Tätowierer (Platzmietverträge) benötigen auch ab 2020 keine Registrierkasse und können weiter mit Kassenbuch und offener Ladenkasse arbeiten. Im Grunde genommen bräuchten sie nicht einmal ein Kassenbuch (siehe BFH-Beschluss x b 57/05 vom 16.2.2006), jedoch empfiehlt es sich allein zu Beweiszwecken bei einer evtl. Steuerprüfung, auf jeden Fall eines zu führen.
Kassenbericht oder Kassenbuch?
Und dann gibt da noch die Frage, in welcher Form die Bareinnahmen und -Ausgaben zu dokumentieren sind. Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Alternativen:
- Kassenbuch
Alle Bar-Eingänge und -Ausgänge werden in einem gebundenen Kassenbuch (Schreibwarenhandel) mit durchnummerierten Seiten einzeln mit Datum, Betrag und Vorgang eingetragen. - Kassenbericht
Tägliches Zählprotokoll und die Einnahmen werden mittels retrograder Rückrechnung ermittelt.
Um es gleich vorweg zu nehmen: der Kassenbericht ist nicht wirklich zu empfehlen, aus zwei Gründen:
- Einzelbelegpflicht wann immer zumutbar
Kassenberichte sind den Branchen vorbehalten, bei denen „Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden“. Das trifft schon allein durch die erforderliche Einverständniserklärung nicht zu, denn der Kunde ist damit bekannt und identifizierbar. Auch die Kriterien „geringer Wert“ und „unbestimmte Vielzahl“ treffen nicht wirklich zu. - Wenig Vertrauenswürdig
Kassenberichte werden bei einer evtl. Steuerprüfung noch kritischer geprüft, als handschriftliche Kassenbücher. Im Zweifelsfall kann es euch passieren, dass ein Prüfer diese aus obigen Gründen grundsätzlich ablehnt und euch schätzt.
Es bleibt also alles, wie es ist: Das gute alte handschriftliche Kassenbuch (oder elektronische, aber unbedingt mit Zertifizierung!) wird uns noch eine Weile begleiten.
Tattoo-/Piercing-Einnahmen über die Studio-Kasse
Es gibt aber die Möglichkeit, zumindest die resident Artists in eurem Studio von den lästigen Kassenbüchern zu befreien, indem ihr alle Bar-Einnahmen über eine Studio-Kasse bucht, ihr also an der Theke kassiert. Anschließend erstellt ihr eine tägliche oder wöchentliche Abrechnung mit den Artists und überweist deren Anteil (nach Abzug der Platzmiete) auf das jeweilige Konto. Das hat den Effekt, dass bei dem Artist dann keine nennenswerten Bar-Einnahmen mehr anfallen und die Pflicht zur Kassenbuchführung entfällt.
An dieser Stelle ist jedoch Vorsicht geboten:
- Gefahr der Scheinselbständigkeit
Wenn ihr für die Artists kassiert und im Zuge der Abrechnung seinen Anteil auszahlt, sind eure Artists nun Sub-Unternehmen. Dies, zusammen mit weiteren Faktoren, kann bei einer Betriebsprüfung dazu führen, dass eure Artists als Scheinselbständig eingestuft werden und ich rückwirkend (!) sämtliche Sozialabgaben für diese nachzahlen müsst. Insb. bei umsatzabhängigen Platzmieten muss das nicht so sein und ihr könnt euch ganz einfach über eine Statusfeststellung davor schützen (siehe unseren Orga.-Leitfaden). - Steuerhinterziehung
Es soll je Kollegen geben, die von 300,- € Tattoo-Einnahmen nur 200,- € angeben und den Rest als Trinkgeld verbuchen. Solltet ihr auf die wahnwitzige Idee kommen, dies über eure Kasse mitzumachen, macht ihr euch als Studio-Inhaber der Steuerhinterziehung schuldig, nicht der Artist.
Es bleibt spanend!
Klar ist: Der Fiskus will weg von offenen Ladenkassen und zu viel Bargeschäft, so viel müsste mittlerweile jedem klar geworden sein. Es macht also Sinn, sich schon jetzt Gedanken darüber zu machen, wie das für euch aussehen kann und wie ihr das evtl. sogar für euch nutzen könt. Wir treffen auf immer mehr Studios, die schon heute 80% und mehr ihres Umsatzes bargeldlos abwickeln: EC-Terminals, PayPal, Online-Buchung mit Sofort-Überweisung u.v.m. Das Zusammen mit intelligenten Steuersparmodellen (Lasst euch da beraten! Es heißt „Steuerberater“ und nicht „Buchhalter“!) spart viel Arbeit, Nerven und bietet euren Kunden einen zusätzlichen Service.
Euer