Vor kurzem hat es wieder ein Studio aus dem Allgäu erwischt: Es wurde verklagt und rechtskräftig verurteilt für vermeintlichen Pfusch eines ihrer Guest-Artists. Gegenstand des Verfahrens war ein Tattoo bei einer Frau über 60, bei dem die Farbe während des Tätowierens unter der Haut verlaufen ist, wie ein Ölteppich. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Kundin seit längerem Kortisonpräparate verwendete.
Während des Verfahrens lag plötzlich ein Gutachten von einer Gutachterin aus dem Bereich Permanent Makeup auf dem Tisch, ohne dass die Verteidigung im Vorfeld bei der Wahl des Gutachters einbezogen wurde.
Der Fall ist gleich aus mehreren Hinsichten brisant:
- Nicht der Artist, sondern das Studio wurde haftbar gemacht, obwohl es nur Vermieter war. Platzmietverträge, entsprechende AGB und Hinweise auf der Terminvereinbarung, all das lag vor.
- Die Kundin wurde über das Risiko von Blowouts aufgeklärt und hat eine entsprechende Einverständniserklärung unterschrieben. Dennoch werteten sowohl Amtsgericht als auch Landesgericht den Schaden als Pfusch.
- Grundlage des Urteils war ein Gutachten einer Gutachterin für den Bereich Permanent Makeup. Die Verteidigung wurde im Vorfeld bei der Wahl des Gutachters NICHT einbezogen. Und trotz nachweislicher Mängel und Fehler im Gutachten ließ sich dieses nicht anfechten.
Kein Einzelfall
Das betroffene Studio hatte noch Glück: Der Artist war so korrekt, die kompletten Kosten des Verfahrens zu übernehmen. Sowas kann jedoch auch anders ausgehen.
Dass Studios unter Umständen für Mängel und Vergehen ihrer Guest-Artists haftbar gemacht werden können, ist leider kein Einzelfall. Es genügt also nicht, sich auf seine Verträge auszuruhen und was die Artists machen (oder nicht machen), kann einem egal sein. Auch die gerade sehr beliebten Gemeinschaft-Studio-Modelle können dazu führen, dass am Ende der haftet, der den Mietvertrag unterschrieben hat. Als Studio-Inhaber ist man somit gut beraten, entscheidende Formalitäten nicht gänzlich aus der Hand zu geben.
Lieber ganz allein?
Noch beliebter sind derzeit die Einzel-Ateliers. Sicherlich, man haftet dann nur für das, was man selbst verbockt hat. Man muss sich aber auch um alles selbst kümmern und kann keine Synergien nutzen bzw. Kosten für sinnvolle Anschaffungen auf mehrere Parteien Verteilen. Das Ergebnis ist oft der Mut zur Lücke. Man ist damit genau so angreifbar, wie obiges Studio.
Wer schreibt, der bleibt
Es hat einen Grund, warum man in Krankenhäusern vor einer OP eine Risikoaufklärung von 10-20 Seiten unterschreibt. Das muss man in einem Tattoo-Studio sicherlich nicht so extrem betreiben aber evtl. wäre obiger Fall komplett anders verlaufen, hätte man gezielt nach Kortisonpräparaten gefragt und dies in der EVE dokumentiert. Der Verdacht, dass die Kundin von ihrer Bindegewebsschwäche wusste, aber nichts sagte, konnte während des Verfahrens so leider nicht geklärt werden.
Eines steht fest: Die EVE zu kürzen, damit sie schön auf ein Blatt passt, könnte teuer werden. Und ein kleiner Tipp an dieser Stelle: Mit unserem neuen kissSign habt ihr als Studio-Inhaber immer alle Formalitäten zu allen Terminen eurer Artists im Griff. 😉
Euer