Seit vielen Tagen über alle Medien heiß angepriesen, die Soforthilfe für Kleinunternehmer, entpuppt sich leider als bittere Pille für all diejenigen, die in der Vergangenheit gut gewirtschaftet haben. Denn: private Rücklagen und liquide Mittel sind zuerst aufzubrauchen.
Die Rücklagen für ein neues Auto in 3-4 Jahren, eine neue Heizung für’s Haus, Ablösung des Haus-/Wohnungsdarlehens, ein lang gehegter privater Wunsch: alles futsch. Hinzu kommt, dass Wirtschaftsforschungsinstitute bereits jetzt die Rezession nach Corona ankündigen. Wir können als davon ausgehen, dass nach dem Shut-Down die Terminabsage-Welle kommt. Schade, dass man dann keine Rücklagen mehr hat.
Man muss feststellen: Wer Rücklagen in Form von Schwarzgeld hat, in bei diesem Soforthilfeprogramm der klare Gewinner. Das ist ein sonderbares Signal der Bundesregierung.
Pleitewelle nur verschoben
Die Stellen, mit denen wir bereits über dieses Problem gesprochen haben, gaben und einhellig dasselbe Feedback: das betrifft, wie die Krise an sich, (fast) alle Branchen. Es bleibt also nur zu hoffen, dass hier noch nachgebessert wird. Denn ansonsten wird die große Pleitewelle nach der Corona-Krise kommen. Nicht nur bei Tätowierern und Piercern, sondern in allen Bereichen der Konsumgüter.
Tipps zum Ausfüllen der Anträge
Für diejenigen von euch, die in den Genuss der Soforthilfe kommen sollten, hier dennoch ein paar Tipps zum Ausfüllen. Es sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir zu einzelnen Punkten teilweise unterschiedliche Informationen erhalten. Bitte klärt daher im Zweifelsfall die euch betreffenden Themen nochmals mit eurem Steuerberater/Arbeitsrechtler ab.
- Mini-Jobs sind Liquiditätsbedarf
Bei der Berechnung der Anzahl der Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent = VZÄ) fließen Mini-Jobs mit 1/3 Stelle ein. Zudem kann man die Lohnkosten für Minijobs voll in den Liquiditätsbedarf einrechnen, da es für diese kein TZG gibt. Dies ist natürlich nur dann der Fall, wenn auch eine Lohnfortzahlung stattfindet. - Studio und Artist = 2 Anträge
Für diejenigen von euch, die sowohl Studio-Inhaber als auch Tätowierer/Piercer sind: Ihr könnt je Gewerbebetrieb einen Antrag stellen. Ihr müsst im Gegenzug zwar Überschüsse aus einem Betrieb beim Liquiditätsbedarf des anderen Betriebes anrechnen, aber das wird wohl nur bei den Wenigsten der Fall sein. - Feste Platzmieten laufen weiter
Wenn ihr mit euren Artists einen Platzmietvertrag mit fester, monatlicher Miete vereinbart habt, dann wird die Miete (so wie alle anderen Mieten auch) auch während des Shut-Downs weiter fällig. Prüft hier ggf. eure PM-Verträge auf evtl. Ausschlüsse. Unsere PM-Verträge (Sorglospaket) sehen eine Fortzahlung vor. Das Gute: Die Platzmiete erhöht bei den betreffenden Artists den Liquiditätsbedarf (= Anspruch auf Soforthilfe) und kann gleichzeitig eure laufenden Kosten des Studios weitertragen. - Offene Rechnungen begleichen
Wenn ihr noch irgendwelche offenen Rechnungen (Rech.-Datum VOR dem 11.3.2020!) habt, empfiehlt es sich ggf. diese nun zu begleichen, wenn damit eure liquiden Mittel erschöpft werden. Dann hättet ihr wieder Anspruch auf Soforthilfe. - Ausführliche Begründung
Bei der Begründung für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage solltet ihr so ausführlich wie möglich sein. Wir fügen wieder einen Formulierungsvorschlag bei.
Es wird sich viel ändern
Es steht in den Sternen, was noch alles kommen wird, wie lange der Spuk dauert und wie es danach weitergeht. Eines steht fest: Nicht nur unsere Branche, alle Branchen, werden davon betroffen sein und es wird sich sehr viel ändern.
Ich hoffe, viele von euch halten durch. Bleibt gesund und lasst euch nicht unterkriegen.
Euer
Grund für Existenzbedrohliche Wirtschaftslage
Seit dem 18.3.2020 ist mir die Arbeit als Tätowierer durch die COVID-19 Verordnung des Bundes/Landes untersagt („Geschäfte, die nicht für den täglichen Bedarf erforderlich sind…“). Meine Einnahmen als Tätowierer sind damit runter auf 0, während folgende Kosten (monatliche Aufstellung) weiterlaufen:
– Platzmietvertrag Studio __________: ______ €
– EK-/Gew.-Steuer-Vorauszahlungen: ______ €
– Krankenkassenbeiträge: ______ €
– Telefon/Internet/Mobil: ______ €
– Lebenshaltungskosten: ______ €
– IHK-Beitrag: ______ € (einmalig)
Bei meiner Krankenkasse wurde eine Reduzierung der Beiträge auf das gesetzliche Minimum beantragt, jedoch liegt hier noch keine Rückmeldung vor. Mein Liquiditätsbedarf liegt aber selbst bei Anerkennung über 3000,- € monatlich. Durch die vielen Rückfragen der Kunden zu Terminen und die erforderlichen Absagen, Verschiebungen etc. ist eine Reduzierung der Telekomm.-Kosten leider auch nicht möglich.
Weitere Tipps und Vorschläge hierzu sind herzlichst willkommen!