Soforthilfe mit Arschtritt

Viele von euch werden es schon mitbekommen haben (wahrscheinlich von eurem Steuerberater): Die Landesbanken haben begonnen, die Soforthilfen aus dem ersten Lockdown zu prüfen und ggf. zurückzufordern. Dabei kommt es leider nicht selten vor, dass die gezahlte Soforthilfe in voller Höhe aberkannt und nebst Zinsen zurückzuzahlen ist. Hinzu kommt dann noch ein Strafverfahren wegen Subventionsbetrug.

Soforthilfe ab Antragsdatum, nicht ab Beginn Lockdown

Hintergrund ist meist: Die Soforthilfe wurde (bei den meisten Anträgen) für 3 Monate ab Antragsdatum für Liquiditätsengpässe (Umsatz < Betriebskosten) gewährt. Man beachte: Ab Antragsdatum, nicht ab Lockdown! Wurde der Antrag z.B. am 15.4. gestellt, gilt der Zeitraum 15.4. bis 15.7. Da der Lockdown in den meisten Ländern im Mai beendet wurde, fließen alle Umsätze ab da bis Mitte Juli mit in die Betrachtung ein.

Bei dieser Berechnung werden nur die Wenigsten tatsächlich Verlust gemacht haben. In diesem Fall ist die Soforthilfe in voller Höhe zurückzuzahlen.

Unternehmerische Verpflichtung – Strafanzeige droht

Mit dem Antrag auf Soforthilfe, einer staatlichen Subvention, seid ihr als Unternehmer (auch Kleinunternehmer) verpflichtet, eure Angaben rückwirkend zu prüfen und evtl. Abweichungen zu melden (Bringschuld). Tut man das nicht und die Landesbank stellt bei einer Prüfung ihrerseits Abweichungen fest, macht ihr euch u.U. des Subventionsbetruges schuldig. In jedem Fall wird’s dann teuer.

Erhebliche Abweichungen in den Bestimmungen – unbedingt prüfen lassen!

Aber Vorsicht: Jedes Land hat hier seine eigenen Anträge, Bescheide und Bestimmungen. Zudem gibt es erhebliche Abweichungen in den Klauseln, je nach dem, wann der Antrag gestellt wurde (unterschiedliche Versionen).

Wir empfehlen daher dringend, euren Antrag und euren Bescheid von einem Fachmann prüfen zu lassen (qualifizierter Steuerberater oder Anwalt für Steuer-/Wirtschaftsrecht), bevor ihr eure Korrekturen an die L-Bank schickt!

Hoffen auf Einlenken

Die Soforthilfe an das Antragsdatum zu knüpfen und nicht an das Lockdown-Datum (wie eigentlich einmal angekündigt) ist aus unserer Sicht absolut nicht nachvollziehbar. Leider haben die OGV gerade erst klar gemacht, wie eng ihr Schulterschluss mit der Regierung ist. Klagen scheint also keine Option zu sein. Bleibt also nur zu hoffen, dass die Entscheider in diesem Punkt noch einlenken.

Wenn ihr einen guten Kontakt zu eurer IHK habt, oder evtl. sogar zu Regierungsmitgliedern: bringt dieses Thema doch mal vor. Schickt Mails, Briefe, ruft an und teilt dieses Thema über die Sozialen Medien. Die Postfächer der Politiker dürfen ruhig noch ein paar weitere Tage zugespamt werden, finden wir.

Euer
Soforthilfe mit Arschtritt - kisscal.tattoo


Zu euren Rückmeldungen:

Wir erhielten von dem Einen oder Anderen die Rückmeldung, dass in ihren Bundesländern die Möglichkeit besteht, den Beginn des 3-Monatszeitraumes variabel festzulegen: zum 1. des Antragsmonats, zum Antragsdatum oder zum letzten des Antragsmonats. Dies ist leider wieder nicht Länderübergreifend einheitlich geregelt. Fragt, wie gesagt, im Zweifelsfall nochmals bei eurem Steuerberater nach.

Wir haben dieses Thema übrigens nochmals gründlicher recherchiert und konnten über das Web-Archiv am Beispiel Baden-Württemberg nachweisen, dass diese Änderung des Abrechnungszeitraum nachträglich und klammheimlich erfolgte, ohne klare und verständliche Kommunikation wie sonst über die Medien. Unsere Versuche, dieses Thema bei der IHK oder verschiedenen Pressestellen zu plazieren, wurden leider allesamt abgeblockt. Wir haben euch den ganzen Sachverhalt hier detailliert zusammengefasst:

Soforthilfe mit Kleingedrucktem

Zu Beginn des 1. Lockdowns wurde in den Medien groß die Soforthilfe für die kleinen Unternehmen angekündigt. Man wolle unbürokratisch helfen. Auf der Website des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg (https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste-foerderprogramme/soforthilfe-corona/ über https://web.archive.org) hieß es entsprechend bei den FAQs (26.3.2020, 16:54):

Was wird unter der bei Punkt 2 des Antrags abgefragten „Höhe des bestehenden und/ oder erwarteten Liquiditätsengpass für drei Monate“ verstanden?

Liquiditätsengpass bedeutet, dass keine (ausreichende) Liquidität vorhanden ist, um beispielsweise laufende Verpflichtungen (beispielsweise Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu zahlen.

Bei der Frage ist damit die Höhe der anfallenden Kosten ab 11. März 2020 anzugeben, die infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie ohne zusätzliche Eigen- oder Fremdmittel nicht mehr beglichen werden können. Berechnet auf drei Monate.

Auch noch am 28.3.2020 um 00:07 lautete die Antwort des WM auf diese Frage:

Der Antragsteller muss durch eine Versicherung an Eides statt glaubhaft machen, dass er durch die Corona Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen.

Eine existenzgefährdende Wirtschaftslage wird insbesondere angenommen, wenn

    • ein Umsatz- bzw. Honorarrückgang im zurückliegenden Monat von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr (bei Gründungen im Vergleich zum Vormonat) vorliegt.
    • […]

Die Bedingungen für die Soforthilfe wurden dann am selben Tag sowohl auf den Anträgen als auf betreffender Webseite geändert:

Muss für die Soforthilfe ein Liquiditätsengpass vorliegen? Wann liegt dieser vor?

Ja, der Antragsteller muss versichern, dass er durch die Corona Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die liquiden Mittel nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass)

Diesmal ohne große Mitteilung über die Medien, sondern klammheimlich. Diese kleine Umformulierung führt nun dazu, dass viele Kleinunternehmer die Soforthilfe in vollem Umfang zurückzahlen müssen.

Denn die Antragsteller waren ganz einfache Leute, keine Steuerberater, keine Anwälte, keine Finanzexperten, sondern Handwerker mit einem kleinen Betrieb. Diese einfachen Leute gingen davon aus, und haben sich darauf verlassen, dass die 3 Monate angesetzt wurden, weil man noch nicht absehen konnte, wie lange der Lockdown gehen würde. Wenn diese nur zwei Monate andauern zahlt man natürlich ein Drittel zurück, selbstverständlich.

Nun wurden aber bei weitem nicht alle Anträge gleich in der ersten Woche gestellt. Viele haben abgewartet, weil sie noch unsicher waren, auf Unterstützung des völlig überrannten Steuerberaters angewiesen waren. Viele Anträge kamen zurück (oft erst viele Wochen später), weil man ein Fehler beim Ausfüllen gemacht hat und mussten neu gestellt werden.

Doch mit dieser unscheinbaren Änderung im Kleingedruckten fällt nun die komplette Lockdown-Zeit vor der Antragstellung unter den Tisch. Hingegen fließt die Zeit nach dem Lockdown bis zum Ende der 3 Monate voll in die Liquiditätsberechnung mit ein. Dass viele Betriebe hier wie verrückt gearbeitet haben, um die Umsatz- und Gewinneinbußen so gut wie möglich wieder reinzuholen, wird ihnen nun zum Verhängnis. Diejenigen, die dann noch schnell einen Urlaub drangehangen haben, werden belohnt.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel eines Tattoo-Studios. Gehen wir von monatlichen Kosten (Miete, Versicherungen, Abo-Verträge etc. inkl. fiktiver Unternehmerlohn) aus von 3.000,- € während des Lockdowns und 4.000,- € nach dem Lockdown (zzgl. Materialkosten, Strom etc.). Nehmen wir weiter an, der Umsatz nach dem Lockdown beläuft sich auf 5.000,- € pro Monat, während des Lockdowns war dieser natürlich 0,- €.

Dann beläuft sich der Anspruch auf Soforthilfe in BW (Lockdown bis 10.5.2020) auf Basis der ursprünglichen Regelung auf:

Kosten 2+1 Monate:              -10.000,- €
Umsatz 1 Monat:                        5.000,- €
—————————————————-
Liquiditätsengpass:                    5.000,- €

Mit der neuen Regelung sieht das Ganze für denselben Betrieb bei Antragstellung z.B. 11.4.2020 so aus:

Kosten 1+2 Monate:              -11.000,- €
Umsatz 2 Monate:                   10.000,- €
—————————————————-
Liquiditätsengpass:                    1.000,- €

bei Antragstellung am 26.4.2020:

Kosten 0,5+2,5 Monate:       -11.500,- €
Umsatz 2,5 Monate:               12.500,- €
—————————————————-
Liquiditätsengpass:                             0,- €

Betrachtet man die Berechnung so, wie sie zu Beginn der angekündigten Maßnahmen jeder normal sterbliche Handwerker verstanden hat, nämlich dass am Ende nur die Lockdown-Zeit betrachtet wird:

Kosten 2 Monate:                     -6.000,- €
Umsatz 2 Monat:                                 0,- €
—————————————————-
Liquiditätsengpass:                    6.000,- €

DAS wäre fair gewesen. Insb. deswegen, da das IfSG § 56 eigentlich eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalles sowie bei Selbständigen „Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben“ vorsieht. In obigem Fall wären dies (2 x 3.000,- Betriebsausgaben + 2 x 1.000,- Verdienstausfall = 7.000,- €).

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