Der Sachkundenachweis für Tätowierer & Piercer
Vor kurzem erfuhren wir von einem Studio aus Hessen, dass seitens des Gesundheitsamtes der Sachkundenachweis Hygiene 2 (40 Stunden Kurs mit Inhalten zur Aufbereitung) verlangt wurde. Was hat es damit auf sich hat und ist die Forderung des Gesundheitsamtes berechtigt?
Hygieneverordnung Tattoo & Piercing
Die Hygieneverordnung des Landes Hessen verlangt in § 2 Abs. 10 in der Tat einen solchen Sachkundenachweis. Jedoch wird hier zwischen zwei verschiedenen Kursen unterschieden:
- Hygiene 1 (8 Stunden Kurs)
- Hygiene 2 (40 Stunden Kurs mit Inhalten zur Aufbereitung)
Welchen von beiden man benötigt, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
- Sieht die Tätigkeit eine Verletzung der Haut vor (oder kann diese lediglich nicht ausgeschlossen werden)? (Vgl. Hygieneverordnung § 2 Abs. 1).
- Arbeitet man mit Mehrweg-Materialien, für die eine Sterilisation in einem Autoklav erforderlich ist?
Die Hygieneverordnung selbst betrachtet den Punkt 2 eigentlich nicht. Wer jedoch Materialien aufbereitet, kommt um den umfangreicheren Sachkundenachweise nicht herum.
Sachkundenachweis 1 für Tätowierer
In den meisten Fällen wird dieses Thema für Tätowierer wie folgt behandelt: Das Tätowieren sieht die Verletzung der Haut nicht vor, Sie wird lediglich billigend in Kauf genommen bzw. lässt sich nicht vermeiden, wenn man Schmuck bzw. Farbe in die Haut bringen möchte. Da es jedoch nicht primäres Ziel des Tätowierens ist, die Haut zu verletzen, fällt man gemäß obiger Hygieneverordnung lediglich unter den Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Verletzung der Haut oder Schleimhaut kann nicht ausgeschlossen werden). Laut Aussage des DOT e.V. wurde dies bereits mehrfach über Prof. Dr. B. Wille mit verschiedenen Gesundheitsämtern erörtert und geklärt.
Wenn man nun ausschließlich Einweg-Materialien verwendet, kann man dann auf einen Autoklav und damit auch auf den Sachkundenachweis 2 verzichten. Es genügt der Sachkundenachweis 1. Kurse hierfür bietet der UETA e.V. mit dem DOT e.V. regelmäßig auf dessen Website an.
Allerdings erhielt wir zu diesem Thema ein klar anderslautendes Schreiben des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI): „Da das Tätowieren eine Verletzung der Haut oder Schleimhaut vorsieht, ist hier der Sachkundenachweis Hygiene 2 (40 Stunden Kurs mit Inhalten zur Aufbereitung) notwendig, unabhängig davon, ob Einwegprodukte benutzt werden oder nicht.“
Dieses Thema scheint also, zumindest in Hessen, noch nicht ganz ausdiskutiert zu sein…
Höhere Anforderungen für Piercer
Im Piercing-Bereich hingegen kommt man um das Aufbereiten der Werkzeuge und Materialien kaum herum. Hier benötigt man nicht nur entsprechend teure Geräte (Inkl. Protokollierung, Etikettierung, Zertifizierung und Wartung), sondern eben auch einen entsprechenden Sachkundenachweis. Zwar hat jedes Land eine andere Hygieneverordnung und nicht jede fordert den Nachweis 2, für das Aufbereiten mittels Autoklav ist jedoch zumindest ein Sachkundenachweis für Sterilgut erforderlich.
Hier gibt es ebenfalls verschiedene Kursangebote. Bitte klärt jedoch vorab mit eurem Gesundheitsamt, ob der Kurs als Sachkundenachweis akzeptiert wird!
Was tun als Tätowierer, wenn das Gesundheitsamt es anders sieht?
In diesem Fall empfehlen wir folgendes:
- Weist darauf hin, dass ihr ausschließlich Einwegmaterialien verwendet und NICHT aufbereitet.
- Verweist auf die Entscheidungen anderer Gesundheitsämter. Auskunft hierzu erteilt euch gerne der DOT e.V.
- Lasst euch die entsprechende Aufforderung schriftlich geben inkl. Widerrufsbelehrung.
Bislang hat dieses Vorgehen wohl immer geholfen. 😉
Euer,