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Einleitung
Zu einem professionellen Tattoo oder Piercing gehört auch eine professionelle Aufklärung über mögliche Risiken und Nebenwirkungen und wie mit evtl. Risiken umzugehen ist. Zitat aus dem Rahmenhygieneplan Piercing- und Tätowierungs- (Tattoo-) des Landes Baden-Württemberg (und anderen):
Daher ist eine umfassende Anamnese vor jedem neuen Tattoo oder Piercing unerlässlich. Dies vor allem deswegen, da sich viele Neu-Kunden (oft aufgrund der Vorfreude) über ihre individuellen Risiken nicht im Klaren sind.
Die nachfolgenden Informationen sollen ein Leitfaden sein für ein Aufklärungs-Gespräch mit euren Kunden für den Fall, dass bei der Anamnese evtl. Risikofaktoren identifiziert wurden.
Risiko-Faktoren
Bluterkrankung oder erhöhte Blutungsneigung
Hier sollte vor einem Tattoo-Termin unbedingt der behandelnde Arzt konsultiert werden. Ggf. kann dieser Dir für die Tattoo-Sitzung Medikamente zur Erhöhung Deines Gerinnungsfaktors verschreiben.
Außerdem solltest Du Deinen Tätowierer bereits bei der Terminvereinbarung darüber informieren, denn nicht jeder kann und möchte in diesem Fall ein Tattoo stechen.
Hauterkrankung (Neurodermitis, Schuppenflechte etc.)
Bei Neurodermitis oder Schuppenflechte besteht u.U. ein erhöhtes Allergie-Risiko. Ärzte raten hier im Vorfeld zu Allergietests speziell auf die verwendeten Tattoo-Farben. Die Zuverlässigkeit solcher Tests ist allerdings nicht sehr hoch. Wissen solltet ihr jedoch, dass z.B. Schuppenflechte durch mechanische Reize (wie eben das Tätowieren) ausgelöst werden kann. Und bei akuten Schüben der Hautkrankheit solltet ihr euch besser nicht tätowieren lassen.
Ansonsten berichten Betroffene jedoch immer wieder davon, dass sich ihre Hautkrankheit, zumindest an den tätowierten Stellen, deutlich gebessert hat. Mögliche Ursachen hierfür sind: eine intensivere Hautpflege, sowie veränderte Körperwahrnehmung.
Grundsätzlich ist es immer ratsam, sich bei stärkeren Fällen von Hauterkrankungen oder wenn Du Dir unsicher bist, von einem Facharzt beraten zu lassen. Jedoch sind die Aussagen hier leider oft sehr widersprüchlich und eher durch die grundsätzliche Einstellung der Ärzte gegenüber Tätowierungen geprägt. Es hilft also evtl. einen Arzt zu fragen, der selbst tätowiert ist.
Diabetes
Bei Diabetes kann es auch bei Einhaltung aller Hygienestandards zu Komplikationen in der Wundheilung kommen. Deshalb ist es sehr wichtig, die Blutzuckerwerte besonders während der Heilungsphase im Blick und möglichst im Zielbereich zu halten.
Du solltest auch Deinen Tätowierer darüber informieren, dass Du Diabetes hast und was er/sie im Notfall tun kann. Behalte Deinen BZ-Wert während der Tattoo-Session im Auge. Und natürlich kein Alkohol am Tag vor dem Termin.
Bei der Planung des Tattoos solltest Du Dir zudem überlegen, ob Du genügend freie Stellen für Sensor, Katheter und Pen lässt. Siehe auf den sehr gelungenen Info-Flyer von www.menschen-mit-diabetes.de unter „Diabetes und Piercing & Tattoo“.
Sarkoidose
Bei einer bekannten Neigung zu Sarkoidose sollte vor einem Tattoo-Termin der behandelnde Arzt konsultiert werden.
Tritt bei verheilten Tattoos ein sog. 3D-Effekt auf (scharf begrenzte Erhebungen der tätowierten Stellen) UND kommt es zu weiteren unerklärlichen Symptomen (Entzündungen an anderen Körperstellen, verschwommenes Sehen, Atembeschwerden etc.), dann kann dies ein Hinweis auf Sarkoidose sein. Auch dann ist ein entsprechender Facharzt zu konsultieren.
Autoimmunerkrankungen / Geschwächtes Immunsystem / bekannte Wundheilstörung
Beim Tätowieren wird die Haut über die gesamte Fläche des Motivs verletzt. Bei gestörtem Immunsystem kann es zu Komplikationen während des Heilprozesses kommen.
Daher solltet ihr bei Autoimmunerkrankungen, geschwächtem Immunsystem oder bekannten Wundheilstörungen, sowie der Einnahmen von Immunsuppressiva (z.B. nach Organtransplantationen), vor einem Tattoo unbedingt euren behandelnden Arzt konsultieren.
Zu hoher Blutdruck
In der Regel geht dies einher mit der Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten. Dazu beachte bitte unseren nächsten Punkt.
Medikamente zur Blutverdünnung (Marcumar, Aspirin, Heparin etc.)
Ist Dein Blut zu dünn bei der Tattoo-Sitzung, bluten Dir die Farben grad wieder raus. Daher solltest Du vor einem Tattoo-Termin Deinen behandelnden Arzt konsultieren, ob aus seiner Sicht ein Tattoo für Dich unbedenklich ist und ob Du rechtzeitig vor dem Termin die blutverdünnenden Medikamente absetzen kannst.
Vorsicht: auch vermeintlich harmlose Medikamente wie Aspirin oder andere Schmerzmittel sind blutverdünnend.
Asthmatiker
Asthma ist oft eine Begleiterscheinung von Allergien. In diesem Fall beachte bitte unsere Hinweise zum Thema „Allergien“.
Zudem kann Stress ein Auslöser von Asthma-Anfällen sein. Da das Tätowieren mit Schmerzen verbunden ist, solltest Du Dir über dieses Risiko im Klaren sein und entsprechende Vorkehrungen treffen (Asthma-Spray bzw. Notfall-Set dabeihaben). Bei starken Asthmatikern ist es unbedingt erforderlich, vor einem Tattoo den behandelnden Arzt zu konsultieren.
Allergien
Ein Heuschnupfen ist in der Regel kein Problem bei einem Tattoo. Allerdings sind solche Allerwelts-allergien u.U. Hinweise auf weitere Allergien. Daher muss hier darauf hingewiesen werden, dass es durch die Inhaltsstoffe der Tattoofarben, Desinfektionsmittel, Cremes, Verbandsmaterialien zu allergischen Reaktionen kommen kann.
Bei bekannten Allergien zu den o.g. Inhaltsstoffen (z.B. gegen Metalle wie Nickel) musst Du Deinen Tätowierer unbedingt darüber informieren. Ggf. kann dieser für Dich dann Farben, Handschuhe, Salben, etc. auswählen und bereithalten, die diese Inhaltsstoffe nicht enthalten bzw. Dir konkrete Mengenangaben an die Hand geben, damit Du Deinen behandelnden Arzt konsultieren kannst.
Bei einem bekannten, hohen Allergie-Risiko gegen andere Stoffe, die beim Tätowieren keine Anwendung finden, ist es trotzdem ratsam, das Notfall-Set dabei zu haben und den Tätowierer über dessen Verwendung zu informieren.
Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. gegen Latex, Medikamente)
Über bekannten Überempfindlichkeiten solltest Du Deinen Tätowierer so früh wie möglich Informieren. Evtl. hat er die Möglichkeit, auf alternative Hilfsmittel zurückzugreifen, die er dann ggf. für Dich besorgen kann.
Sollten nach Deinem Tattoo-Termin im Laufe der Wundheilung Überempfindlichkeiten auftreten, informiere uns bitte darüber. Wir können Dir weitere Pflegeanleitungen geben und vermerken dies in Deiner Kundenakte, damit bei späteren Terminen darauf Rücksicht genommen werden kann.
Herzerkrankung, Herzrhythmusstörung bzw. Herzschrittmacher
Die Verbraucherzentrale rät in diesem Fall ganz von Tätowierungen ab. Wir empfehlen, sich hierzu vom behandelnden Arzt beraten zu lassen und seiner Einschätzung und Empfehlung zu vertrauen.
Kreislaufprobleme / zu niedriger Blutdruck / Neigung zu Ohnmachtsanfällen
Hierüber solltest Du in jedem Fall Deinen Tätowierer informieren, damit dieser Vorkehrungen treffen kann. Es hilft auch, wenn Du für Dich bewährte Hilfsmittel/Präparate beim Tattoo-Termin zur Hand hast und Deinen Tätowierer darüber in Kenntnis setzt.
Vorsicht NACH dem Tätowieren oder bei Pausen: Die Tattoo-Liege langsam verlassen. Erst aufsetzen, dann Beine runter, etwas warten und erst dann aufstehen. Auch hier gilt wieder: bei starken Kreislaufproblemen ist im Vorfeld ein Arzt zu konsultieren.
Chronische Infektionskrankheit (z.B. AIDS, Hepatitis, MRSA)
Grundsätzlich geht die Empfehlung (und zum Teil Vorschrift in anderen Ländern wie Österreich) dahin, dass sich Menschen mit chronischen und ansteckenden Infektionskrankheiten nicht tätowieren lassen sollen/dürfen. In Deutschland gibt es hierzu derzeit keine gesetzlichen Vorschriften.
Es besteht jedoch ganz klar ein höheres Infektionsrisiko sowohl für den Tätowierer als auch evtl. nachfolgende Kunden. Bei aller Vorsicht und Einhaltung der Hygienevorschriften kann es vorkommen, dass sich der Tätowierer versehentlich selbst sticht. Daher sind spezielle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Daher ist es wichtig, dass Du uns vor einem Termin über evtl. Infektionskrankheiten informierst, damit geeignete Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden können (doppelte Einweghandschuhe, spezielle Desinfektionsmittel, etc.). Zudem sollten wir Deine aktuellen Erregerwerte wissen und ob es Medikamente gibt, die für die Tattoo-Sitzung abgesetzt werden müssen und dürfen (Blutverdünner, Immunsuppression, …).
Bitte habe auch Verständnis dafür, wenn Dich nicht jeder Tätowierer tätowieren möchte, da für sie oder ihn das Individuelle Risiko zu hoch erscheint.
Akute Infektionskrankheit / Antibiotika
Bei akuten Infektionskrankheiten, starken Erkältungen, Grippe oder der Einnahme von Antibiotika solltest Du Dich nicht tätowieren lassen. Bitte sage Deinen Tattootermin dann rechtzeitig ab, damit wir ihn anderweitig vergeben können.
Bei kurzfristigen Absagen (weniger als 3 Werktage vor dem Termin) wäre es schön, wenn Du uns, falls vorhanden, die Krankschreibung Deines Arztes zukommen lassen könntest. So ist eine Aufrechterhaltung Deiner Terminkaution für einen Alternativtermin kein Problem. (Leider erhalten wir insb. bei schönem Wetter (!) vermehrt „Krankmeldungen“, was wirklich ärgerlich ist, und wir können am Telefon leider erkennen, wer wirklich krank ist und wer Freibad- oder Ski-Pisten-Fieber hat).
Epilepsie
Hier gibt es einige Dinge zu beachten, bevor ihr euch tätowieren lassen könnt. Das wichtigste vorweg: nicht jeder Tätowierer kennt sich mit Epilepsie aus und weiß, wie er bei einem Anfall reagieren muss. Daher lehnen viele das Tätowieren von Kunden mit Epilepsie grundsätzlich ab.
Es hilft daher, sich vorher, z.B. von eurem Arzt, gut beraten zu lassen, die eigenen Auslöser zu kennen (Schmerz, Stress, schrille Geräusche, Licht, …) und klare Handlungsempfehlungen, oder noch besser eine kundige Begleitperson, für den Fall des (An)Falles dabei zu haben. Als diese Dinge bei einer Terminvereinbarung zur Hand können helfen, die Bedenken des Tätowierers zu zerstreuen.
Ihr solltet euch jedoch darüber im Klaren sein, dass ihr das Risiko für evtl. Schäden durch einen Anfall beim Tätowieren (Ausrutschen der Nadel, Sturz von der Liege etc.) selbst tragt.
Weitere schwerwiegende chronische Leiden (z.B. Lähmungen)
Hier solltest Du zunächst unbedingt die Hinweise zu Wundheilstörungen und Blutverdünnenden Medikamenten beachten, denn oft geht dies mit Lähmungen einher.
Ansonsten gilt zu wissen: Eine Tätowierung ist durchaus mit einer großflächigen, leichten Schürfwunde zu vergleichen. Zwar hygienischer, aber vom Thema Heilungsprozess gleich. In wie weit Dein chronisches Leiden den Heilungsprozess beeinflusst und ggf. riskanter macht, wirst Du selbst am besten einschätzen können. Im Zweifelsfall bitte unbedingt vorab einen Arzt konsultieren.
Neigung zu starker Narbenbildung
Bei Neigung zu Keloid-Narben verursachen bereits kleine Verletzungen tumorähnliche Narben. Je nach Grad der Erkrankung ist u.U. von Tattoos abzuraten. Hier solltest Du wiederum im Vorfeld eines Tattoos Deinen behandelnden Arzt konsultieren.
Schwangerschaft und Still-Zeit
Eine Schwangerschaft geht oft mit einer erhöhten Hautsensibilität einher. Und da das Tätowieren schmerzhaft ist, könnte die frühzeitige Wehen auslösen. Außerdem ist das Infektionsrisiko, das bei aller Vorsicht insb. bei der Pflege nach dem Tätowieren immer besteht, schlicht höher. Auch mögliche Allergien, die man ebenfalls nie ausschließen kann, hätten weitreichendere folgen.
Daher ist von Tattoos während einer Schwangerschaft grundsätzlich abzuraten.
Hinzu kommt, dass das Immunsystem auch nach der Schwangerschaft noch empfindlicher reagiert und damit das Infektionsrisiko steigt. Daher raten wir auch während der gesamten Stillzeit davon ab, sich tätowieren zu lassen.
Geplante OP vor/nach dem Tattoo
Mit einer Tätowierung verlangst Du Deinem Körper einiges ab, zum einen durch die Schmerzen beim Tätowieren, zum anderen durch die Abheilphase. Daher solltest Du für Dein Tattoo in guter körperlicher Verfassung sein.
Nach einer OP sollte man mit dem Tattoo daher immer so lange warten, bis die Genesung von der OP vollständig abgeschlossen ist. Lasst euch hier ggf. von eurem behandelnden Arzt beraten.
Vor einer OP sollten zwischen Tattoo und OP mindestens 4 Wochen liegen, damit ihr auch für die OP wieder in bester körperlicher Verfassung seid. Zudem müsst ihr euch hier im Klaren sein, dass es auch bei allen hygienischen Vorsichtsmaßnahmen vor allem während der Nachpflege zu Komplikationen und Entzündungen kommen kann. Dies gefährdet dann wohlmöglich euren OP-Termin.
Geplante Reise vor/nach dem Tattoo
Bei Reisen vor dem Tätowieren gilt zu beachten, dass Tattoos nicht auf sonnengeröteter Haut aufgebracht werden sollen.
Bei Reisen nach dem Tätowieren sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Schwimmen, Baden, Sauna die ersten 2 Wochen und Sonnenbaden und Solarium die ersten 2-3 Monate tabu sind.
Kortison-Präparate
Die Einnahme von Kortison-Präparaten in höheren Dosen oder die Verwendung von Kortison-Salben kann die Beschaffenheit der Haut so sehr verändern, dass es zu übermäßig starken Blow-Outs kommt. Dieses Phänomen tritt zudem oft nur lokal auf, so dass auch bei bereits existierenden Tattoos dies nicht ausgeschlossen werden kann.
Dieses Risiko lässt sich leider nicht eingrenzen, geschweige denn vorhersagen, so dass Du es als Betroffener selbst trägst. Darüber solltest Du Dir im Klaren sein!
Übermäßige UV-Exposition oder Steroid-Missbrauch
Bei diesen beiden Themen können Bindegewebs-Schwächen wie bei den Kortison-Präparaten auftreten und es zu unvorhersehbaren Blow-Outs kommen.
Tetanus-Schutzimpfung
Dies ist wichtig vor allem für die Pflege in den ersten Tagen nach dem Tätowieren. Geschieht dies versehentlich mit ungewaschenen Händen, können Tetanus-Erreger in die Haut eindringen.
Unabhängig vom Tätowieren empfiehlt es sich grundsätzlich, die Tetanus-Schutzimpfung aktuell zu halten, denn verletzen kann man sich immer und die Erreger sind überall im Erdreich.